02. September 2024, Tägliche Marktsicht
Ein heisser Zentralbank-Monat steht vor der Tür
Der September ist nicht nur der erste Monat des meteorologischen Herbstes, sondern auch ein Monat mit vielen geldpolitischen Zinsentscheiden der Zentralbanken. Den Start macht nächste Woche die Europäische Zentralbank.
Im Fokus
Der September ist nicht nur der erste Monat des meteorologischen Herbstes, sondern auch ein Monat mit vielen geldpolitischen Zinsentscheiden der Zentralbanken. Den Start macht nächste Woche die Europäische Zentralbank. Für die Finanzmärkte ist das ein leichter und einfach verdaulicher Anfang. Erwartet wird eine neuerliche Zinssenkung um 0.25%. Diese Erwartung dürfte auch erfüllt werden. Wenn die EZB sich an das Drehbuch hält, wird das Interesse der Finanzmärkte gering sein, denn eine Woche später folgt am Mittwoch der Hauptgang. Die Fed wird als letzte der wichtigen Zentralbanken ihren Leitzins senken, so hat es Jerome Powell zumindest angedeutet. Wir gehen davon aus, dass der Zinsschritt der Fed 0.25% betragen wird. Ein Zinsschritt von 0.50% ist nicht nötig und würde den Finanzmärkten das Signal vermitteln, dass die Fed der Wirtschaft nicht mehr traut. Sollten die Arbeitsmarktzahlen am nächsten Freitag unter den Erwartungen ausfallen, wird die Diskussion, ob die Fed den Übergang zu einer expansiveren Geldpolitik verschlafen hat, aber wieder zunehmen und die Zinserwartungen in die Höhe schiessen. Dass die Fed sich bei ihrem Zinsentscheid auf eine notorisch mit nachträglich korrigierten Fehlern behaftete Statistik wie die Non Farm Payrolls oder auf die Arbeitslosenrate eines Monats abstützt, darf allerdings bezweifelt werden. Sie wird das Gesamtbild der Wirtschaft in ihre Lagebeurteilung einbeziehen. Dieses zeigt die erwartete Abschwächung der Konjunktur, aber keinen unmittelbaren Einbruch. Ein Pfad mit Zinssenkungen um jeweils 0.25% an jeder Sitzung ist deshalb für uns wahrscheinlicher. Auch so werden die Zinsen in den USA bis im nächsten Sommer in den konjunkturneutralen Bereich sinken.
Nach der Fed wird es wieder etwas ruhiger. Am Tag danach entscheidet die Bank of England. Nachdem sie im August die Bank Rate erstmals gesenkt hat, wird sie wohl eine Pause machen. Der Leitzins in Grossbritannien ist mit 5.00% immer noch hoch. Die Inflationsrate ist jüngst von 2.0% wieder auf 2.2% angestiegen und die Dienstleistungspreise steigen mit 5.2% im Vorjahresvergleich überdurchschnittlich stark an. Der Trend bei der Inflation zeigt aber auch auf der Insel nach unten, weshalb in diesem Jahr eine weitere Zinssenkung bei der Bank of England wahrscheinlich ist. Dass die Bank of Japan die Finanzmärkte wieder so erschüttert wie Anfangs August, ist unwahrscheinlich. Sie wird in den nächsten Quartalen die Zinsen in kleinen Schritten weiter anheben, aber nach der Erhöhung im August ebenfalls eine Pause machen. Zudem wird der Yen nicht mehr im gleichen Ausmass reagieren, da die Anleger, welche sich aufgrund der tiefen Zinsen im Yen verschulden, nach der schmerzhaften Ohrfeige vor einem Monat vorsichtiger geworden sind.
Als Dessert folgt am 26. September der Zinsentscheid der Nationalbank. Sie wird den Leitzins um weitere 0.25% auf 1.00% senken müssen. Ansonsten riskiert sie, dass der Franken einen zusätzlichen Aufwertungsschub erleidet. Mit ihren Aussagen zu Jahresbeginn und ihren proaktiven Zinssenkungen im März und im Juni hat die SNB den Finanzmärkten signalisiert, dass der Franken auf dem Niveau vom Anfang Jahr, auf welchem wir heute wieder sind, aus ihrer Sicht zu teuer ist und dass sie dagegen vorgehen wird.
Auf die Kapitalmarktzinsen und die Aktienmärkte sollte der Zentralbankenmonat September per Saldo wenig Einfluss haben, sofern es keine grossen Überraschungen gibt. Die aufgeführten Zinsänderungen sind weitgehend in den Preisen dieser Anlagen drin. Das heisst nicht, dass die Märkte im Vorfeld der Entscheide, insbesondere bei der Fed, entweder nervös oder gelähmt agieren werden. Danach wird man jedoch schnell zur Tagesordnung übergehen. Sich auf diese Entscheide hin zu positionieren, sei es in den Aktien, den Obligationen oder den Währungen, überlassen wir deshalb den Day Tradern.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.55%, S&P500: +1.01%, Nasdaq: +1.13%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -0.17%, DAX: -0.03%, SMI: +0.15%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: -0.10%, HangSeng: -1.77%, S&P/ASX 200: +0.12%
Nachdem das Quartalsergebnis von Nvidia mit den guten Zahlen und dem vorsichtigen Ausblick für jeden etwas hatte, schauen die Aktienmärkte nach vorne und harren der Zinsentscheide, die da kommen werden. Der S&P 500 legte letzte Woche 0.24% zu. Die europäischen Aktien stiegen 0.99%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 0.64% abschloss.
Die US-Notenbank dürfte im September mit der ersten Zinssenkung beginnen. Der US-Wirtschaft wird schwächer und entsprechend kann sie etwas Unterstützung von der Zinsseite brauchen. Die Inflation ist weiter erhöht, ist aber in den letzten Monaten zurückgegangen. Dies gibt der US-Notenbank den Spielraum, die Zinsen zu senken. Gleichzeitig ist die Lage im Nahen Osten wieder angespannter. Eine Eskalation hätte für die Energieversorgung in Europa ernsthafte Konsequenzen. Die jüngsten Verwerfungen an den Aktienmärkten, mit dem Einbruch des Nikkei Index Anfang August, haben international hohe Wellen geworfen. Die Korrektur an den wichtigsten Aktienmärkten kam umgehend und die Angst vor einer US-Rezession ist stark gestiegen, was die Nervosität erhöhte. Unterdessen hat sich die Lage wieder beruhigt. Der Wellengang ist weiter erhöht, geht aber zurück. Der Rückenwind für die Aktienmärkte bleibt vor allem dank der guten Gewinnentwicklung in den USA sowie der Aussicht auf Zinssenkungen robust. Entsprechend nahmen die Aktienmärkte auch zügig wieder Fahrt auf. Was die weitere Entwicklung der Aktienmärkte anbelangt, bleibt die Sicht jedoch eingeschränkt.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 3.903%; DE: 2.299%; CH: 0.475%
An den Kapitalmärkten hat man sich auf die Zinserwartungen an die Zentralbanken geeinigt. Entsprechend gering sind momentan die Schwankungen bei den Renditen der Obligationen. Das kann sich rasch wieder ändern, wobei ein Schub bei den Renditen nach unten wahrscheinlicher ist als ein solcher nach oben.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8502
Euro in US-Dollar: 1.1047
Euro in Franken: 0.9392
Die SNB wird auf die Probe gestellt. Der Franken steigt sowohl zum Euro als auch zum US-Dollar deutlich an. Das dürfte Thomas Jordan im Vorfeld seines letzten Zinsentscheids nicht gefallen.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 73.03 pro Fass
Goldpreis: USD 2'496.08 pro Unze
Der Ölpreis ist wieder gesunken, nachdem im Nahen Osten zwar weitergekämpft wird und der regelmässige Raketenbeschuss der Hizbullah auf Israel anhält, sich der Iran aber ruhig verhält. Das mindert die Angst vor einem Versiegen der Öl- und Gastransporte aus dem Persischen Golf.
Wirtschaft
Eurozone: Inflationsrate (Juli) letzte: 2.6%; erwartet: 2.2%, aktuell: 2.2%
Nachdem die Inflationsrate in der Eurozone im August deutlich gefallen ist und sich dem Zielwert der EZB annähert, steht der nächsten Zinssenkung der EZB nichts mehr im Weg.
Thomas Stucki
8021 Zürich