21. Oktober 2024, Tägliche Marktsicht
Geopolitische Risiken – Was ist das?
Die Aktienmärkte zeigen sich robust und die Anleger greifen an der Börse zu. Die meisten Aktienindizes haben in diesem Jahr über 10% zugelegt. In den USA stiegen die Aktien mehr als 20%, zumindest die Indizes mit einem hohen Anteil an Technologieaktien.
Im Fokus
Die Aktienmärkte zeigen sich robust und die Anleger greifen an der Börse zu. Die meisten Aktienindizes haben in diesem Jahr über 10% zugelegt. In den USA stiegen die Aktien mehr als 20%, zumindest die Indizes mit einem hohen Anteil an Technologieaktien. Getrieben werden die Aktien durch tiefere Zinsen, einer trotz Abkühlungszeichen insgesamt doch soliden US-Konjunktur und der Hoffnung, dass KI die Welt der Unternehmen zum Besseren verändert. Die Warner vor den geopolitischen Risiken haben da einen schweren Stand und verhallen ungehört.
Dabei ist unser Risikoradar gut gefüllt mit politischen Risiken, angefangen beim Krieg in der Ukraine über die sich immer schneller drehende Eskalationsspirale im Nahen Osten bis hin zu möglichen Unruhen nach den Wahlen in den USA. Beeindrucken lassen sich die Finanzmärkte davon kaum. Das Geschehen in der Ukraine ist aus dem Blick der Anleger verschwunden, seit sich die meisten Länder Westeuropas aus der Abhängigkeit vom russischen Erdgas und Erdöl gelöst haben und die Energiepreise auf die früheren Niveaus zurückgefallen sind. Die Länder im Nahen Osten sind für die Weltwirtschaft nicht relevant, solange die Produktion und der Transport von Erdöl aus der Region nicht beeinträchtigt wird. Die Schliessung der Strasse von Hormus wird als wenig wahrscheinlich beurteilt, weil dies ein Reaktion der US-Armee zur Folge hätte, die der Iran nicht austesten will. Der Ausgang der Präsidentschaftswahl in den USA ist offen. Es ist sicher, dass sich die Gerichte noch damit beschäftigen werden, bevor Ende Januar die neuen Mieter ins Weisse Haus einziehen. Grosse Demonstrationen der einen oder anderen Seite mit einem gewissen Gewaltpotenzial wird es wohl auch geben. Letztendlich dürften die Institutionen in den USA aber stabil genug sein, um den Übergang von der alten zur neuen Administration verfassungsmässig korrekt über die Bühne zu bringen. All diese Ereignisse bringen immer wieder Unsicherheit an die Finanzmärkte und können die Aktien kurzfristig belasten. Einen nachhaltig negativen Einfluss entwickeln sie jedoch nicht und das ist auch richtig so.
Das grösste geopolitische Risiko auf unserem Radar ist eine Eskalation der Spannungen zwischen den USA und China, sei es um Taiwan oder generell um die wirtschaftliche und militärische Vorherrschaft. Die potenziellen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und die Unternehmen und damit auch auf die Aktienmärkte sind sehr gross. Die Wahrscheinlichkeit des Eintretens stufen wir zurzeit aber als gering ein. Die wirtschaftliche Verflechtung der beiden Staaten ist zu gross und die Kosten eines Bruchs für beide schwer zu verdauen. Deshalb schauen wir mit Besorgnis auf die Bemühungen, sowohl der USA als auch Chinas, diese gegenseitige Abhängigkeit zu reduzieren, sei es über die eigene Produktion von Chips oder durch die Bemühungen nach technologischer Eigenständigkeit. Irgendwann werden die wirtschaftlichen Kosten eines aggressiven Auftretens die Grenze unterschreiten, die das eigene Volk toleriert. Zum Glück ist das nicht heute und auch nicht morgen der Fall, sondern wird noch eine Weile dauern.
Die geopolitischen Risiken muss man im Auge behalten. Eine Anlagepolitik, die über das Day Traden hinausgeht, kann man aber nicht danach ausrichten. Am Ende spielen die wirtschaftlichen Faktoren und die Konjunktur in den Industrieländern, allen voran in den USA, für das Geschehen an den Aktienmärkten die entscheidende Rolle.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.09%, S&P500: +0.40%, Nasdaq: +0.63%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.79%, DAX: +0.38%, SMI: +0.18%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: +0.22%, HangSeng: -0.55%, S&P/ASX 200: +0.85%
Die Zinssenkung der EZB hat den Aktienmarkt nicht bewegt, zu klar war im Vorfeld der Entscheid. Auch sonst fehlen die Impulse auf der Ebene des Gesamtmarktes. Daher spielt die Musik an der Börse bei einzelnen Aktien, die von unter den Erwartungen ausgefallenen Unternehmenszahlen leiden oder von positiven Meldungen der Firmen profitieren. Der S&P 500 legte letzte Woche 0.85% zu. Die europäischen Aktien verloren 0.35%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 1.13% abschloss.
Die Dynamik der Weltwirtschaft kühlt sich schrittweise ab und die Inflationsraten befinden oder nähern sich wieder den Zielbereichen der Zentralbanken. Dies schafft Spielraum für weitere Zinssenkungen, die mit einer gewissen Verzögerung positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung wirken werden. Insbesondere die US-Wirtschaft zeigt sich trotz einer Abkühlung weiterhin robust. Aktuell sehen wir ein geringes Risiko einer Rezession in den USA. Trotz geopolitischer Risiken, wie etwa im Nahen Osten, erweisen sich die Aktienmärkte als widerstandsfähig. Die Nervosität der Anleger hat merklich nachgelassen und Rückschläge werden primär als Kaufgelegenheiten betrachtet. Die stabile wirtschaftliche Entwicklung, die Aussicht auf weitere geldpolitische Unterstützung und die Widerstandsfähigkeit der Märkte sprechen für die Aktien.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 4.079%; DE: 2.183%; CH: 0.413%
Die Zinsen in der Schweiz haben nach wie vor ein Eigenleben. Getrieben wird es von den Zinserwartungen an die SNB. Die Zinssenkung der EZB von letzter Woche hat diese zusätzlich beflügelt. Bis Mitte Jahr erwarten die Finanzmärkte drei zusätzliche Zinssenkungen der SNB auf 0.25%, wobei im Dezember gar ein grosser Schritt von 0.50% als wahrscheinlich angesehen wird. Das ist aus unserer Sicht übertrieben. Die Schweizer Wirtschaft benötigt keine Nullzinsen. Die SNB täte gut daran, sich nicht von den Markterwartungen treiben zu lassen.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8649
Euro in US-Dollar: 1.0859
Euro in Franken: 0.9393
Der Aufschwung beim US-Dollar geht weiter. Die bessere Konjunktur in den USA als in Europa wirkt sich positiv auf die amerikanische Währung aus. Von einem Rallye des Greenback zu sprechen, wäre aber übertrieben.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 69.72 pro Fass
Goldpreis: USD 2'730.33 pro Unze
Der Ölpreis ist wieder gefallen, nachdem Israel angedeutet hat, die iranischen Ölanlagen nicht angreifen zu wollen. Dass gleichzeitig die Amerikaner die Sanktionen gegen die Ölexporte Irans verstärkt haben, interessiert die Investoren nicht.
Wirtschaft
Den Finanzmärkten steht in dieser Woche betreffend Konjunkturdaten eine Trockenperiode bevor. Erst am Freitag kann man mit etwas gutem Willen einen neuen Impuls seitens der Wirtschaft erwarten. Dann wird in Deutschland der Geschäftslageindikator des IFO-Instituts veröffentlicht. Grosse Hoffnungen auf die Ankündigung einer wirtschaftlichen Erholung in Deutschland sollte man aber nicht haben.
Thomas Stucki
8021 Zürich