12. August 2024, Tägliche Marktsicht
SNB ist nicht zu beneiden
Die vergangene Woche hat eindrückliche Bewegungen an den Finanzmärkten hervorgebracht. Neben dem Ab und Auf am japanischen Aktienmarkt machte auch die Kursbewegung des Frankens von sich reden.
Im Fokus
Die vergangene Woche hat eindrückliche Bewegungen an den Finanzmärkten hervorgebracht. Neben dem Ab und Auf am japanischen Aktienmarkt machte auch die Kursbewegung des Frankens von sich reden. Der Euro stürzte zum Franken innerhalb von zwei Tagen um drei Rappen ab und kostete am Montag auf dem Tiefststand nur noch wenig mehr als 92 Rappen. Das Schicksal des US-Dollars war nicht besser. Er verlor noch mehr als der Euro und war zwischenzeitlich für 84.5 Rappen zu haben. Auslöser war die Angst der Anleger und die daraus resultierende Flucht in den sicheren Hafen Schweizer Franken. Für so starke Kursbewegungen wie am Montag braucht es auch spekulative Positionen, die zwangsweise zu jedem Preis aufgelöst werden müssen. Diese Konstellation war beim Franken gegeben, weil im ersten Halbjahr überdurchschnittlich grosse Short-Positionen gegen den Franken aufgebaut wurden, nachdem die SNB mit ihrer Leitzinssenkung im März das Signal ausgesendet hatte, dass sie an einem schwachen Franken interessiert ist. Die Aufwertung des Frankens am Montag war daher übertrieben und wurde mit der Erholung an den Aktienmärkten zum Teil wieder korrigiert. Angesichts der nach wie vor grossen Unsicherheit an den Märkten wird der Franken jedoch weiterhin zur Stärke neigen.
Das bringt die Nationalbank in eine schwierige Lage. Der Wert des Frankens ist fast wieder auf dem Niveau von Ende Jahr, welches von der SNB als zu hoch eingestuft wurde. Unabhängig von möglichen «Safe Haven»-Ereignissen wird sich der Druck auf den Franken und damit auf die SNB zusätzlich erhöhen, wenn die Fed ab dem September die Zinsen in den USA regelmässig senken wird und die EZB nachzieht. Sollte sich die konjunkturelle Situation in den USA verschlechtern, wird Jerome Powell nicht zögern, den Leitzins auch in grösseren Schritten zu senken. Die SNB kann im September und allenfalls im Dezember noch einmal nachziehen und ihren Leitzins auf 0.75% senken. Dann wird es eng, wenn sie sich ein Restpotenzial an Zinssenkungen für wirtschaftlich wirklich schwierige Situationen erhalten und neuerliche Negativzinsen verhindern will. Zudem hat sich einmal mehr gezeigt, dass die Zinsen auf die Devisenkurse nur einen vorübergehenden Effekt haben und rasch verpuffen. Die Zinsdifferenz zwischen dem Franken und dem US-Dollar ist gegenüber Anfang Jahr 0.50% grösser. Der USD/CHF-Wechselkurs ist dennoch praktisch wieder am gleichen Ort. Bei einer Sicherheitswährung wie dem Franken ist der Einfluss der Zinsen zusätzlich eingeschränkt.
Als Instrument für die Kontrolle des Frankens verbleiben der SNB vor allem die direkten Interventionen am Devisenmarkt. Dieses Instrument scheint sie am letzten Montag mehrmals eingesetzt zu haben, wie die Kursbewegungen des Euro und des US-Dollars zum Franken nahelegen. Damit konnten starke Aufwertungsschübe des Frankens gebrochen werden. Ob und mit welchem Betrag die SNB effektiv zu Lasten des Frankens eingegriffen hat, ist aber nicht bekannt. Für das Stoppen von kurzfristigen Aufwertungen des Frankens sind Devisenkäufe der SNB ein erprobtes und wirkungsvolles Mittel. Ob die SNB damit den Franken wieder über eine längere Zeit kontrollieren und stabilisieren will und kann, ist eine andere Geschichte. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass das bei einer Währung wie dem Franken, der latent unter Aufwertungsdruck steht, ohne einen massiven Aufbau der Devisenreserven nicht zu haben ist. Dabei wollte die SNB doch richtigerweise ihre Bilanz verkleinern, weshalb sie im letzten Jahr Devisen für 130 Mrd. Franken verkauft hat.
Video-Podcast der SGKB
Die Halbjahresergebnisse der Schweizer Unternehmen zeigen kein einheitliches Bild. Angesichts der aufkommenden Konjunktursorgen in den USA verlieren sie zusätzlich an Bedeutung. Die Auswirkungen der anstehenden US-Wahlen rücken dagegen immer mehr in den Fokus der Anlegerinnen und Anleger. Unser Chief Investment Officer Thomas Stucki und unser Fondsmanager Aktien Matthias Müller beurteilen im Video-Podcast der St.Galler Kantonalbank die Aussichten für die Aktienmärkte.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.13%, S&P500: +0.47%, Nasdaq: +0.51%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.14%, DAX: +0.24%, SMI: +0.33%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: geschlossen, HangSeng: +0.05%, S&P/ASX 200: +0.47%
Nach einer turbulenten Börsenwoche haben die Indizes praktisch auf dem Vorwochenwert geschlossen. Die Unsicherheit unter den Anlagerinnen und Anlegern ist aber noch gross, weshalb grössere Kursschwankungen in beide Richtungen in den nächsten Tagen nicht überraschen würden. Der S&P 500 verlor letzte Woche 0.04%. Die europäischen Aktien stiegen 0.79%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 0.11% abschloss.
Die Inflation ist in den USA in den letzten Monaten deutlich zurückgekommen. Sie liegt mit 3% nur noch wenig über dem Zielbereich der US-Notenbank. Insbesondere im Inland zeigt sich bei den Preisen für Dienstleistungen ein rückläufiger Trend, was der Zentralbank mehr Spielraum für eine Zinssenkung gibt. Dies widerspiegelt einerseits die sich abschwächende Wirtschaft und andererseits den weniger angespannten Arbeitsmarkt. Die Menschen haben zwar weiterhin Arbeit, aber die Löhne steigen nicht mehr im gleichen Umfang, was sich dämpfend auf die Konsumnachfrage auswirkt. Dies führt dazu, dass die inländischen Unternehmen ihre Preise nicht mehr beliebig weiter erhöhen können und somit die Lohn-Preis-Spirale durchbrochen werden kann. Die US-Notenbank wird daher im September die Zinswende einläuten. Tiefere Zinsen sind grundsätzlich positiv für die Aktienmärkte. Allerdings sorgt diese Neuausrichtung auch für Unsicherheit und bei den aktuell hohen Bewertungen ist der Schritt zu Gewinnmitnahmen klein. Die anstehenden US-Wahlen sind ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor. Der Stimmung an den Aktienmärkten wird dies nur vorübergehend abträglich sein.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 3.940%; DE: 2.225%; CH: 0.438%
Analog zu den Aktienmärkten haben auch die Kapitalmarktzinsen einen Teil der starken Bewegung des vorigen Wochenendes kompensiert und sind insbesondere in den USA wieder gestiegen. Die Renditeschwankungen von Tag zu Tag und teilweise auch innerhalb eines Handelstages sind aber immer noch beträchtlich.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8669
Euro in US-Dollar: 1.0920
Euro in Franken: 0.9466
Die starke Aufwertung des Yen zum US-Dollar, welche am letzten Montag den Kurssturz an der Börse in Tokyo ausgelöst hat, ist vorderhand zum Stoppen gekommen. Ein grosser Teil der Carry-Positionen, d.h. der Aufnahme von Schulden zu tiefen Zinsen im Yen, verbunden mit der Anlage zu höheren Zinsen in anderen Währungen oder im japanischen Aktienmarkt, scheint aufgelöst worden zu sein.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 77.21 pro Fass
Goldpreis: USD 2'432.83 pro Unze
Der Ölpreis hat bisher nicht auf die eskalierenden Spannungen im Nahen Osten reagiert. Die Befürchtungen, dass sich die US-Wirtschaft stärker abschwächt, drückt auf den Ölpreis.
Wirtschaft
Bei den Konjunkturdaten ist Ruhe eingekehrt. Das wird sich am Mittwoch ändern, wenn die US-Inflationsdaten für den Juli veröffentlicht werden. Grosse Veränderungen gegenüber dem Vormonat werden keine erwartet.
Thomas Stucki
8021 Zürich