21. Juni 2024, Tägliche Marktsicht
SNB macht den nächsten Schritt
Nach dem überraschenden Zinsschritt vom März hatte die Schweizerische Nationalbank auch gestern die Aufmerksamkeit auf sicher.
Im Fokus
Die Schweizerische Nationalbank hat sich entschieden, ihren Leitzins ein weiteres Mal um 25 Basispunkte zu senken. Sie begründete dies mit einem erneut gesunkenen zugrundeliegenden Inflationsdruck in der Schweiz, aber auch im Ausland. Tatsächlich liegt die neue bedingte Inflationsprognose der SNB trotz einem tieferen Leitzins in der längeren Frist leicht unterhalb der alten Inflationsprognose vom März, was auf geringere Zweitrundeneffekte zurückzuführen sei. Ohne die beschlossene Zinssenkung läge die neue Prognose gemäss SNB-Präsident Thomas Jordan noch tiefer.
Bei der anschliessenden Fragerunde wurde deutlich, dass die Währungsentwicklung beim Entscheid eine nicht unwichtige Rolle spielte. So erwähnte SNB-Präsident Thomas Jordan insbesondere die Zunahme der politischen Risiken in Europa nach der Wahl des Europa-Parlaments. Wir gehen deshalb davon aus, dass die erneute Leitzinssenkung insbesondere auch vor dem Hintergrund eines wieder erstarkten Frankens vorgenommen wurde. Indem man die Zinslandschaft Schweiz mit der erneuten Leitzinssenkung noch etwas unattraktiver gestaltet, möchte man dem aufgrund des «Safe Haven»-Status stärker werdenden Schweizer Franken entgegenwirken. In unseren Augen ist dies jedoch ein gefährliches Spiel der SNB, da man nun bei einer länger dauernden «Europa-Krise» bei den Leitzinsen nur noch wenig Spielraum hat.
Wir gehen davon aus, dass die Schweizerische Nationalbank mittelfristig den sogenannten neutralen Zins anpeilt, bei dem die Zinspolitik weder preisbeschleunigend noch preisbremsend wirkt. Aus einem kürzlich gehaltenen Referat von Thomas Jordan an der Bank of Korea International Conference in Seoul lässt sich schliessen, dass die SNB den neutralen Zins derzeit bei etwa 1.00% sieht. Der genaue Zeitpunkt für diesen letzten Zinsschritt wird jedoch stark von der Entwicklung der Inflation und des Wechselkurses abhängen. Bis spätestens Ende Jahr dürften wir jedoch dort angelangt sein.
Aktienmarkt Schweiz
SMI: +0.56%, SPI: +0.62%, SMIM: +1.01%
Der Schweizer Aktienmarkt schloss nach einem volatilen Handel letztlich in der Pluszone. Der Leitindex SMI ging 0.6% höher aus dem Handel. Nach dem SNB-Zinsentscheid gestern Vormittag, an welchem der Leitzins um 25 Basispunkte auf 1.25% gesenkt wurde, avancierte der Schweizer Aktienmarkt. Danach driftete er wieder in die Verlustzone ab, ehe er am späteren Nachmittag wieder in die Gewinnzone vordrang. Von den 20 Blue Chips beendeten 17 Unternehmen den Tag im Plus, während drei Werte negativ notierten. Auf dem Podest standen die Wachstumswerte Partners Group (+2.1%), gefolgt von Sonova (+1.7%) und Alcon (+1.7%). Die Indexschwergewichte schlossen ebenfalls im Plus, jedoch unter dem Branchendurchschnitt. Novartis und Nestlé konnten um 0.4% höher schliessen, während Roche nur um 0.1% zulegte. Am Tabellenende war der Logistiker Kühne + Nagel (-1.0%) zu finden. Die Luxusgüterkonzerne Richemont (-0.9%) und Swatch (-1.6%) wurden von negativen Schweizer Uhrenexportdaten belastet. Insbesondere eine weiterhin schwache Nachfrage aus China war spürbar.
Aktienmärkte Europa
EuroStoxx50: +1.27%, DAX: +1.03%
Nach dem schwachen Vortrag zeigten sich die europäischen Aktienmärkte gestern wieder von der freundlichen Seite. Die stärksten Avancen verzeichnete der italienische FTSE MIB (+1.4%). Dahinter folgte der französische CAC40 sowie der länderübergreifende EuroStoxx50, welche beide je 1.3% höher schlossen. Auf Sektorenebene legten vor allem die Bereiche Technologie, Immobilien und Versorger deutlich zu. Keine Branche verlor an Wert.
Aktienmärkte USA
DowJones: +0.77%, S&P500: -0.25%; Nasdaq: -0.79%
Nach dem Feiertag am Mittwoch zeigten sich die amerikanischen Aktienmärkte gestern von der uneinheitlichen Seite. Während der US-Leitindex DowJones (+0.8%) als einziger Index Kursgewinne verzeichnen konnte, mussten der technologielastige Nasdaq (-0.8%) und der marktbreite S&P500 (-0.3%) Gewinnmitnahmen hinnehmen. Der Nasdaq erreichte durch die Chipkonzerne sowie das Thema rund um Künstliche Intelligenz, vor allem durch das Schwergewicht Nvidia (-3.5%), zuletzt neue Rekordhöchststände. Auf Sektorenebene schwangen die Bereiche Energie, Versorger und Finanzen obenauf. Unterdurchschnittlich schnitten hingegen die Sektoren Technologie und Immobilien ab. An der Spitze des DowJones Index standen Salesforce (+4.3%), Chevron (+2.2%) und IBM (+2.0%). Zu den Verlierern zählten auf der anderen Seite Unternehmen wie Dow (-2.2%), Apple (-2.2%) und Coca-Cola (-0.7%).
Kapitalmärkte
Rendite 10 Jahre
USA: 4.257% DE: 2.430% CH: 0.577%
Die Schweizer Zinsen glitten im Anschluss an die neuste geldpolitische Lagebeurteilung der Schweizerischen Nationalbank über die gesamte Laufzeit leicht zurück. Trotz der erneuten Leitzinssenkung notiert damit die ganze Schweizer Zinskurve weiterhin unter dem aktuellen SNB-Leitzins. Damit impliziert sie eine weitere Leitzinssenkung durch die Nationalbank, was sich mit unseren Erwartungen deckt. Die Rendite der sonst richtungsweisenden 10-jährigen US-Staatsanleihe bewegte sich gestern für einmal kaum vom Fleck.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8909
Euro in US-Dollar: 1.0719
Euro in Franken: 0.9550
Die erneute Leitzinssenkung durch die Schweizerische Nationalbank setzte dem Schweizer Franken gestern zu. Der Franken büsste gegenüber sämtlichen G10-Währungen an Terrain ein. Dies kommt der SNB nach der raschen Aufwertung des Frankens in den letzten Wochen sicherlich gelegen. Wie lange der Druck auf den Franken in der gegenwärtigen Situation jedoch anhält, bleibt abzuwarten.
Rohwarenmärkte
Ölpreis WTI: USD 81.24 pro Fass
Goldpreis: USD 2'363.46 pro Unze
Die Rohölvorräte in den USA sind vergangene Woche gemäss dem US-Energieministerium um 2.5 Millionen Fass gefallen. Von den Analysten wurde ein Rückgang in der gleichen Grössenordnung erwartet. Entsprechend hatte die Publikation der Lagerbestände gestern kaum Auswirkungen auf den Ölpreis.
Wirtschaft und Konjunktur
USA: Philadelphia Fed Geschäftsklima (Juni)
letzte: +4.5; erwartet: +5.0; aktuell: +1.3
Der gestern veröffentlichte Geschäftsklimaindex der Philadelphia Fed, welcher die Aktivität im Industriesektor misst, sendet gemischte Signale. Der Index notiert im Juni zwar leicht unter den Erwartungen. Gleichzeitig vermelden die beiden wichtigen Subindizes «Offene Aufträge» und «Auftragseingang» gegenüber dem Vormonat eine Verbesserung.
Patrick Häfeli
8021 Zürich
Angela Truniger
8021 Zürich