30. September 2024, Tägliche Marktsicht
US-Wirtschaft hautnah erlebt
Die Aufregung um den Start des Zinssenkungszyklus in den USA ist abgeflaut. Jetzt spielen die Konjunkturdaten wieder eine wichtigere Rolle. Das wird sich auch in dieser Woche zeigen, wenn in den USA am Freitag der nächste Arbeitsmarktbericht veröffentlicht wird.
Im Fokus
Ich habe ein paar Tage in New York verbracht und konnte dabei auch den aktuellen Stand der US-Wirtschaft beobachten. New York mag nicht das Bild der gesamten USA zeigen, aber ein paar Eindrücke dürften allgemein ihre Gültigkeit haben. Auffallend ist, dass die Bauindustrie boomt. New York scheint eine einzige Baustelle zu sein. Praktisch in jeder Strasse werden Gebäude renoviert oder durch Neubauten ersetzt. Ob die in die Höhe gezogenen Türme ihre Mieter finden werden, ist eine andere Frage. Im Wohnbereich wahrscheinlich schon, wie ein Blick auf die Preise der angebotenen Apartments erahnen lässt. Im Bürobereich fällt dagegen auf, dass die Leerstände offensichtlich nicht unerheblich sind. Auf den Strassen und Brücken schlängelt sich der Verkehr auch um viele Baustellen herum. Politisch nicht ungewollt findet sich bei diesen Baustellen häufig eine Tafel, die über die Finanzierung durch das von Präsident Biden aufgelegte Infrastrukturprogramm informiert.
Ebenso auffallend sind die Auswirkungen der Inflation. Verglichen mit der Zeit vor Corona sind die Preise spürbar höher. Das gilt insbesondere für Hotels und Restaurants, aber auch für staatlich regulierte Preise wie diejenigen für die Taxis oder den öffentlichen Verkehr. Dass die Inflation und ihre Folgen im aktuellen Wahlkampf ein zentrales Thema sind, ist nachvollziehbar.
Differenzierter zeigt sich das Bild beim privaten Konsum. Die Nachfrage nach Dienstleistungen ist anhaltend hoch, was auch mit den vielen Touristen zu tun haben wird. Beim genaueren Hinschauen zeigen sich aber Risse im Bild. Einen Tisch in den etwas teureren Restaurants zu finden, ist kein Problem mehr. Die Rabatte beim Kauf von Textil- und anderen Gütern sind grösser als gefühlt in der Vergangenheit. Es ist nicht so, dass die Läden leer sind, aber die Schlangen an den Kassen halten sich in Grenzen.
Dass die schwächere Konjunktur den Arbeitsmarkt erreicht hat, macht sich auch bemerkbar. Die Zahl der Hinweise, dass Personal gesucht wird, hat abgenommen. Während vor einem Jahr fast jedes Restaurant und jedes Geschäft einen entsprechenden Hinweis im Schaufenster hatte, beschränkt sich die Personalsuche nun vor allem auf den öffentlichen Sektor. Dabei scheint das New York Police Department bereits jetzt über erhebliche personelle Ressourcen zu verfügen.
Alles in allem bleibt der Eindruck, dass der Boom nach Corona in der US-Wirtschaft vorbei ist. Die Leute haben Geld, geben es aber gezielter aus als auch schon. Eine wirtschaftliche Krise sieht jedoch anders aus. Das Bild aus den Konjunkturdaten einer sich abschwächenden Wirtschaftsentwicklung, jedoch keiner Rezession, wird durch die erhaltenen Eindrücke, die statistisch gesehen zugegeben nicht repräsentativ sind, bestätigt.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.33%, S&P500: -0.13%, Nasdaq: -0.39%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.69%, DAX: +1.22%, SMI: +0.20%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: -4.67%, HangSeng: +3.34%, S&P/ASX 200: +0.68%
Die Aufregung um den Start des Zinssenkungszyklus in den USA ist abgeflaut. Jetzt spielen die Konjunkturdaten wieder eine wichtigere Rolle. Das wird sich auch in dieser Woche zeigen, wenn in den USA am Freitag der nächste Arbeitsmarktbericht veröffentlicht wird. Der S&P 500 legte letzte Woche 0.62% zu. Die europäischen Aktien stiegen 4.02%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 2.71% abschloss.
Die US-Notenbank hat mit ihrer Zinssenkung von 50 Basispunkten den Start des Zinssenkungszyklus eingeleitet. Die US-Wirtschaft zeigt sich zwar weiterhin robust, aber die Anzeichen einer Abkühlung mehren sich. Gleichzeitig nähert sich die Inflation zusehends dem Zielwert. Grund genug, die Zinsen zu senken und damit der Wirtschaft etwas Rückenwind zu geben. Gleichzeitig haben sich die Wogen an den Aktienmärkten nach den jüngsten Turbulenzen etwas geglättet. Jeder Rückschlag an den Märkten wird zum Wiedereinstieg genutzt. Mit der Zinswende der US-Notenbank hat sich die Sicht für die kommenden Monate deutlich verbessert. Sie will verhindern, dass sich die Wirtschaft in den USA zu stark abkühlt. Zinssenkungen manifestieren sich erst nach einer gewissen Zeit in der wirtschaftlichen Entwicklung. Deshalb ist es richtig, dass die Fed bereits jetzt mit den Zinsen runtergeht, auch wenn die Wirtschaft weiterhin gut läuft. Für die Aktienmärkte ist dies ein positives Signal.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 3.754%; DE: 2.133%; CH: 0.411%
Die Schwankungen bei den Kapitalmarktzinsen haben abgenommen. Auf dem aktuellen Niveau haben sie sich fürs Erste eingependelt. Solange die Zentralbanken bei ihrem erwarteten Pfad bleiben und aus der Wirtschaft keine neuen Krisenmeldungen kommen, wird sich daran nur wenig ändern.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8417
Euro in US-Dollar: 1.1161
Euro in Franken: 0.9394
Die SNB hat mit ihrer fast schon angekündigten Zinssenkung für den Dezember dem Devisenmarkt signalisiert, dass sie einen zu starken Franken nicht einfach hinnehmen wird. Dieser zeigt sich aber unbeeindruckt. Zinssenkungen bewegen die Devisenkurse nur kurzzeitig und ihre Wirkung auf den Franken verpufft rasch.
Rohstoffmarkt
Ölpreis WTI: USD 68.55 pro Fass
Goldpreis: USD 2'654.85 pro Unze
Der Goldrausch ist nicht zu bremsen. Nun haben auch die Hedge Funds davon Kenntnis genommen und wollen das Gold jetzt auch. Gemäss Angaben der amerikanischen Futures-Behörde haben sie ihre Wette auf einen steigenden Goldpreis stark ausgeweitet. Ob das für den Goldpreis ein gutes Zeichen ist, darf hinterfragt werden.
Wirtschaft
USA: Personal Income (August) letztes: 0.5%; erwartet: 0.3%; aktuell: 0.2%
USA: Personal Spending (August) letztes: 0.4%; erwartet: 0.1%; aktuell: 0.1%
Die Einkommen der US-Haushalte steigen nicht mehr so stark an wie zuletzt, was vor allem auf sinkende Zinseinnahmen zurückzuführen ist. Der weniger stark angespannte Arbeitsmarkt zeigt ebenfalls seine Auswirkungen. Die Löhne steigen jedoch immer noch stärker als die Inflationsrate. Dennoch geben die Amerikaner ihr Geld gezielter aus. Sie kaufen vor allem das, was notwendig ist.
Thomas Stucki
8021 Zürich