In 10 Jahren mehr als 900 Arbeitsplätze geschaffen
Seit 2010 ist die Stiftung Startfeld am Start, um ein optimales Umfeld für Innovationen zu schaffen. Die St.Galler Kantonalbank gehört zu den Gründungsmitgliedern und hat die Stiftung mit 10 Millionen Franken alimentiert. Das Geld steht für die Frühfinanzierung von Start-up-Unternehmen zur Verfügung.
Mit Startfeld Diamant, dem Preis der St.Galler Kantonalbank für Jungunternehmen, gewann die Start-up-Szene in der Ostschweiz an Strahlkraft. Dr. Cornelia Gut-Villa, Geschäftsführerin der Stiftung Startfeld, und Roger Thomet, Vertreter der St.Galler Kantonalbank im Stiftungsrat von Startfeld, diskutierten mit uns über das Thema und zogen Bilanz nach über 10 Jahren Startfeld Diamant.
Frau Gut-Villa, Herr Thomet, was war der Anlass für die Lancierung des Jungunternehmerpreises Startfeld Diamant?
Gut-Villa: In Zusammenarbeit mit der damals jungen Start-up-Förderorganisation Startfeld wollten wir den Start-ups in der Ostschweiz eine Möglichkeit geben, sich zu präsentieren, und aufzeigen, welche innovativen Geschäftsideen auch in der Ostschweiz vorhanden sind. Die Gewinner sollten die Möglichkeit haben, einen finanziellen Zustupf zu erhalten. Ebenso wichtig war uns auch die mediale Aufmerksamkeit, die wir damit schaffen wollten, zum Beispiel mit den kurzen Portraitfilmen.
Thomet: Anlass war der Aufbau der Startfeld-Initiative, die zum Ziel hatte, die Innovationstätigkeit und das Unternehmertum in der Ostschweiz zu fördern, neue Unternehmen in der Region zu halten und den Braindrain in andere Wirtschaftszentren zu verhindern. Nach der Gründung des Vereins Startfeld, der Jungunternehmen mit Coaching-Dienstleistungen unterstützte, und der Errichtung der Stiftung Startfeld durch die St.Galler Kantonalbank, die Jungunternehmen in einer sehr frühen Phase mit Seed-Money unterstützt, war es ein logischer Schritt, im Jahr 2011 den Jungunternehmerpreis Startfeld Diamant zu lancieren.
Es gibt mittlerweile zahlreiche Preise für Jungunternehmen. Warum braucht es gerade Startfeld Diamant und was zeichnet diesen Preis aus?
Thomet: Zuerst darf festgestellt werden, dass sich der Startfeld Diamant in der Ostschweiz etabliert hat. Das wird jedes Jahr durch zahlreiche Start-up-Unternehmen, die sich für Startfeld Diamant bewerben, eindrücklich bestätigt. Der Startfeld Diamant bringt den Start-ups im Final nicht nur einen Zustupf in Form des Preisgeldes, das durch die St.Galler Kantonalbank gestiftet wird, sondern auch viel mediale Aufmerksamkeit: Berichte zu den Jungunternehmen erscheinen in den Print- und elektronischen Medien. Die Finalistinnen und Finalisten erhalten Zugang zu einem individuellen Managementseminar, da werden unter anderem auch die Geschäftspläne mit Fachleuten diskutiert. Zudem findet ein reger Austausch unter den Gründerinnen und Gründern der verschiedenen Start-up-Unternehmen statt. Der Gewinn des Preises ist für ein Jungunternehmen ein Meilenstein, der oftmals auf unterschiedliche Weise bei der künftigen Entwicklung hilfreich ist.
Mit Health Yourself und Via Communa sind in diesem Jahr gleich zwei Unternehmen im Gesundheitsbereich nominiert. Zufall? Oder steckt dahinter ein erkennbarer Trend?
Gut-Villa: Das Thema «Digital Health» gewinnt rasch an Bedeutung. Die School of Medicine der Universität St. Gallen, eine Partnerin der ersten Stunde der Startfeld-Initiative, ist in diesem Bereich sehr aktiv. Deshalb ist es sehr erfreulich, dass wir gleich zwei Start-ups aus diesem Bereich haben.
Der diesjährige Publikumspreis ging an Shop Ahoi aus St.Gallen. Womit erklären Sie sich die Vielzahl der Stimmen aus der Bevölkerung?
Gut-Villa: Ahoi ist ein Kinderladen mit Fokus auf Inklusion, Diversität und Nachhaltigkeit. Diese Themen treffen den Nerv der Zeit und erreichen in der Bevölkerung grosse Aufmerksamkeit. Das Mobilisieren von Stimmen mit einer guten Kampagne in den Social Media spricht ebenfalls für die Gründerinnen.
Frontify könnte als das Aushängeschild von Startfeld Diamant bezeichnet werden (Sieger Startfeld Diamant 2016). Das Unternehmen traf den Nerv der Zeit und ging mit seiner Idee durch die Decke – heute betreut das St. Galler Unternehmen Kunden aus der ganzen Welt. Was hat das Team um Gründer Roger Dudler Ihrer Meinung nach richtig gemacht, um diese eindrückliche Erfolgsgeschichte schreiben zu können?
Thomet: Klare Vision, fokussierte Umsetzung und Offenheit. Frontify hatte eine klare Vorstellung davon, wie sie Unternehmen unterstützen wollen. Durch eine konsequente Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse können sie Mehrwert schaffen und kommunizieren diesen auch. Frontify war bereit, in verschiedenen Phasen Kompetenzen von «aussen» dazuzunehmen. Schliesslich ist den Führungskräften die Bedeutung der Mitarbeitenden sehr bewusst. So wird eine für Arbeitnehmende attraktive Firmenkultur gepflegt.
Nicht alle Start-ups sind so erfolgreich wie Frontify – das Scheitern gehört leider auch dazu: Gerade einmal zehn Prozent schaffen es, sich erfolgreich am Markt zu etablieren. Werfen Sie mit Ihren Preisen nicht Geld zum Fenster hinaus? Warum lohnt sich das Risiko trotzdem?
Gut-Villa: Nein, auf gar keinen Fall wird Geld zum Fenster hinausgeworfen! Denn alle grossen Unternehmen haben einmal klein angefangen. Nur aus Ideen und Innovationen entstehen neue, spannende Unternehmen, die morgen einen Beitrag für unsere Region und die Gesellschaft leisten können. Deshalb zeichnen wir die Start-ups mit Überzeugung aus. Der Preis soll Gründerinnen und Gründer ermutigen, einer Idee nachzugehen und ein Problem zu lösen. Es ist – wie Sie es dargelegt haben – normal, dass nicht alle Ideen zum Fliegen gebracht werden können, das muss man sich bewusst sein. Solche Erfahrungen können schmerzhaft sein. Aber sowohl Gründerinnen und Gründer als auch begleitende Personen und Institutionen können daraus wertvolle Lehren ziehen.
Dr. Cornelia Gut-Villa
Geschäftsführerin der Stiftung Startfeld
Roger Thomet
Vertreter der St.Galler Kantonalbank
im Stiftungsrat von Startfeld
Start-ups brauchen den richtigen Riecher: für Märkte, gesellschaftliche Trends und Technologien. Wie trennt die Jury die Spreu vom Weizen?
Gut-Villa: Das Wichtigste ist das Team. Das Team muss sich ergänzen und alle notwendigen technischen sowie die betriebswirtschaftlichen Kompetenzen in sich vereinen. Weiter muss die Geschäftsidee einen konkreten Kundennutzen bringen, skalierbar sein und (inter)nationale Märkte müssen erschlossen werden können.
Welche Bilanz ziehen Sie nach mehr als zehn Jahren Startfeld Diamant – haben Sie immer auf die richtigen Karten gesetzt?
Thomet: Wenn wir uns anschauen, wie viele Unternehmen von der Startfeld-Initiative gefördert wurden und dass in den letzten zehn Jahren über 900 Arbeitsplätze in der Ostschweiz geschaffen wurden, ist das beachtlich. Es liegt in der Natur der Sache – Sie haben es vorhin ausgeführt – dass nicht alle Firmen, die sich in einer so frühen Phase befinden, überleben. Folglich haben wir auch Unternehmen unterstützt, die schliesslich am Markt nicht reüssiert haben, das gehört dazu!
Neu dazugekommen ist der «Rohdiamant» für die beste Idee. Der Preis ist mit 10’000 Franken dotiert, der «Diamant» für das beste Geschäftsmodell mit 30’000 Franken. Wie hat sich der Rohdiamant etabliert in Ihrem Programm?
Gut-Villa: Der Rohdiamant wird nun zum zweiten Mal durchgeführt. Dieses Format ermöglicht der Jury, unterschiedliche Stadien eines Start-ups auszuzeichnen. Der Rohdiamant ist ein Ansporn für Gründerinnen und Gründer in einer sehr frühen Phase, damit sie sich positionieren können und Feedback von verschiedensten Fachleuten bekommen.
Seit 2012 zeichnen Sie, Frau Gut, und Ihre sechs Jury-Kolleginnen und -Kollegen Start-ups mit dem Diamanten für das beste Geschäftsmodell aus. Welche Entwicklung beobachten Sie?
Gut-Villa: Es ist erfreulich, dass wir auch nach mehr als zehn Jahren immer wieder sehr spannende Cases beurteilen dürfen. Im digitalen Bereich hat es schon immer viele Bewerbungen gegeben. Ich würde nicht sagen, dass dies erst in letzter Zeit zugenommen hat. Das Thema Nachhaltigkeit spielt noch nicht eine so grosse Rolle bei den Start-ups, die sich bewerben.
Herr Thomet, Start-ups sind auf sogenannte Business Angels angewiesen, die viel Geld investieren. Welche Voraussetzungen müssen Jungunternehmen erfüllen, damit die SGKB sie unterstützt?
Die Stiftung Startfeld unterstützt Jungunternehmen in der Frühphase, der sogenannten Seed-Phase. In dieser Phase investieren neben der Stiftung allenfalls noch Familienangehörige, Freunde und Business Angels. Bei der Prüfung der Investition in ein Start-up unterscheiden wir drei Ebenen: die Gründenden, die Idee und deren Umsetzung. Kurz zusammengefasst: Vorausgesetzt werden überzeugende Gründerpersönlichkeiten mit einer innovativen Idee, die sie fundiert darstellen können, und ein Finanzplan, in dem die wirtschaftliche Machbarkeit realistisch aufgezeigt wird.
Vielen Dank für das Gespräch.
Gewonnen haben:
Zum zwölften Mal zeichnet die St.Galler Kantonalbank Jungunternehmen aus der Ostschweiz aus. Den Startfeld Diamant gewinnt Health Yourself aus St. Gallen. Das Startup macht Routine-Gesundheitsdienstleistungen digital und von zuhause aus zugänglich. ConcentrAid aus Kesswil erhält den Rohdiamanten für die beste Geschäftsidee. Das Unternehmen entwickelt eine digitale Co-Working Plattform, über die sich zwei Personen zum konzentrierten Arbeiten (Deep Work) verabreden können.
Herzlichen Glückwunsch!