Der Franken wird wieder zum Thema
In den letzten Jahren war es seitens der Unternehmen ruhig um den Franken. Die Firmen hatten mit Covid, den Lieferketten und zuletzt mit dem Personalmangel andere Probleme zu lösen. Dank dem wirtschaftlichen Nachholeffekt nach Corona sah der Auftragsbestand zudem blendend aus. Da spielte der Franken eine untergeordnete Rolle. Das wird sich nun ändern.
Der Euro hat zum Franken seit seinem Zwischenhoch von 1.11 im Frühjahr 2021 mehr als 10% verloren. Die Inflationsrate in Deutschland und Österreich war jedoch so viel höher als diejenige in der Schweiz, dass die Kostensteigerungen in diesen Ländern den Währungsnachteil kompensierten. Der US-Dollar gewann aufgrund der höheren Zinsen in den USA zum Franken zwischenzeitlich mehr als 10 % an Wert und ist erst kürzlich wieder unter das Niveau von Anfang 2021 gefallen.
Viele Firmen sichern ihr Fremdwährungsexposure (= Wechselkursrisiko) mit Devisentermingeschäften oder über Derivate ab. Diese Absicherungen laufen allmählich aus und müssen auf dem tieferen Kurs für Euro und US-Dollar erneuert werden. Die Aufwertung des Frankens schlägt somit erst jetzt richtig durch. Die konjunkturelle Abkühlung ist auch in der Schweiz im Gange. Das spürt insbesondere die Industrie. Deutschland befindet sich in einer Rezession, was die Exportindustrie besonders zu spüren bekommt. Der Fluss an neuen Aufträgen ist zu einem Rinnsal geschrumpft. Da spielt es wieder eine Rolle, ob ein starker Franken eine zusätzliche Belastung ist oder nicht.
Inflationsdifferenz bleibt vorerst hoch
Für einen schwachen Franken spricht die Zinsdifferenz zum Ausland, die aktuell überdurchschnittlich hoch ist. Helfen wird sie aber nur beschränkt. Währungen reagieren mehr auf Veränderungen bei den Zinsen als auf den effektiven Zinsunterschied. Im nächsten Jahr wird die Zinsdifferenz schrumpfen, vor allem zum US-Dollar. Die Inflation im Ausland wird höher bleiben als in der Schweiz. Das hilft den Unternehmen auf der Kostenseite, stärkt aber gleichzeitig den Franken. Die Inflationsdifferenz gibt der SNB auch die nötigen Argumente, den Franken aufwerten zu lassen.
Schweizerische Nationalbank Hauptfaktor
Die SNB ist einer der Hauptfaktoren, wenn es um den Franken geht. Sie hat im letzten Herbst damit begonnen, grosse Beträge an Devisen am Markt zu verkaufen. Damit stärkt sie den Schweizer Franken und macht durch die höhere Kaufkraft Importe günstiger. Über die günstigeren Importe konnte die SNB die Inflation in der Schweiz dämpfen. Zudem kann sie den Berg an Devisenreserven etwas abbauen und ihre Bilanz verkleinern. Sofern es die Marktbedingungen erlauben, wird die SNB damit weiterfahren, Franken zurückzukaufen und so für eine stetige Nachfrage nach Franken sorgen.
Abschwächung des Schweizer Frankens eher unwahrscheinlich
Eine deutliche Abschwächung des Frankens, welche den Unternehmen helfen würde, ist unter diesen Voraussetzungen nicht zu erwarten. Wir müssen uns darauf einstellen, dass der Franken im besten Fall stabil bleibt. Wahrscheinlicher ist, dass die Kurse für Euro und US-Dollar langsam nach unten sinken werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Euro unter 95 Rappen sinkt, ist deutlich grösser, als dass die Parität wieder in Sichtweite kommt.
Herausgegriffen
Die jüngste Aufwertung des Schweizer Frankens ist kein Sonderfall. Sie reiht sich nahtlos in eine historisch einmalige Entwicklung ein, welche mit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods System begonnen hat. Seit dem Zusammenbruch dieses Währungssystems im Jahr 1973 haben sich sämtliche Währungen gegenüber dem Schweizer Franken abgewertet. Und dies nicht einfach um 20 oder 30 %, sondern erheblich mehr. Noch 1973 war ein US-Dollar fast 4 Schweizer Franken wert. Heute sind es unter 90 Rappen. Dies entspricht einem Wertwertverlust von über 75 %. Ähnlich extrem war die Entwicklung gegenüber der früheren Weltwährung, dem britischen Pfund. Um 1973 erhielt man für ein Pfund fast 9 Schweizer Franken. Heute ist das Pfund mit 1.10 nur marginal mehr Wert als der Schweizer Franken.
Schweizer Franken mit massiver Aufwertung
Quelle: Bloomberg, eigene Darstellung
Zeitraum: 1.1.1973 - 31.7.2023
Periodizität: monatlich