Chinas Wirtschaft weiter unter Druck
Die kommunistische Partei Chinas hat den aktuellen Präsidenten Xi Jinping erneut als Parteivorsitzenden bestätigt. Dies ebnet den Weg für seine angestrebte dritte Amtszeit als Präsident der Volksrepublik. Die chinesische Wirtschaft bleibt aber unter Druck und wird für Xi zu einer grossen Herausforderung.
Das vom chinesischen Zentralkomitee angestrebte Wirtschaftswachstum von 5.5 % wird in diesem Jahr kaum erreicht werden. Die Weltbank geht aktuell noch von 3.2 % aus, für nächstes Jahr erwartet sie mit 4.4 % wieder eine leichte Zunahme. Nicht überraschend hat die chinesische Führung das Wachstum in den jüngsten Reden deutlich weniger in den Fokus gerückt. Sie hat vielmehr die Sicherheit Chinas zum Hauptthema gemacht. Zum einen bezüglich Corona, wo sie weiterhin eine Nulltoleranzpolitik verfolgt, aber auch in Bezug auf «äussere» Einmischung, insbesondere in der Thematik um Taiwan.
Nulltoleranzpolitik weiter aktuell
Präsident Xi Jinping kommt trotz der wirtschaftlich schwierigen Situation gestärkt aus dem jüngsten Parteitag heraus. Dies dürfte ihm mittelfristig etwas Raum für eine entspanntere Corona-Politik geben. Insbesondere weil diese die wirtschaftliche Schwäche zusätzlich verschärft. Trotzdem gibt es zurzeit noch keine Indizien dafür, dass er von dieser Politik abrückt. Im Gegenteil. Seit März dieses Jahres waren rund 360 Millionen Menschen in China von einem Lockdown betroffen. Am 17. Oktober wurde beispielsweise die Stadt Zhengzhou mit rund einer Million Einwohner abgeriegelt. Von diesem Lockdown war auch der iPhone-Hersteller Foxconn direkt betroffen. Entsprechend musste Apple eine mögliche Verzögerung bei der Auslieferung seiner Smartphones ankünden. Am 26. Oktober ging dann Wuhan mit rund 900'000 Bewohnern in einen Lockdown. Weitere Lockdowns sind mit dem eintretenden Winter wahrscheinlich.
Lockdowns verheerend, nicht nur für die Lieferungen
Zwar versucht die chinesische Regierung die Lockdowns so zu organisieren, dass der Einfluss auf die Produktion und die Auslieferungen minimal bleibt. Beispielsweise verbleiben viele Fabrikarbeiter in den Produktionsstätten, um weiter arbeiten zu können. Trotzdem kommt es durch die aufwändigen Kontrollen immer wieder zu Verzögerungen und Produktionsschwierigkeiten. Aber die Lockdowns wirken sich nicht nur auf die Produktion und die Lieferungen aus. Auch der Häusermarkt, welcher sowieso nicht mehr in guter Verfassung ist, leidet unter der Entwicklung. Die regelmässigen Lockdowns machen die Städte weniger attraktiv, viele flüchten aufs Land. Die Häuserpreise sind in China seit längerem am Sinken. Die Bautätigkeit nimmt weiter ab und gleichzeitig sind viele grosse Immobilienentwickler mehr oder weniger handlungsunfähig, da sie de facto insolvent sind.
Abkehr von Nulltoleranzpolitik denkbar
Die Abkehr von der Nulltoleranzpolitik war für Xi Jinping im Vorfeld des Parteitages noch unmöglich gewesen. Unterdessen dürfte aber der Spielraum dafür wachsen. Allerdings kann nicht erwartet werden, dass Xi Jinping von heute auf morgen von dieser Politik abrückt. Er hat diese zu sehr politisch stilisiert und verteidigt und eine plötzliche Kehrtwende käme einem massiven Gesichtsverlust gleich. Denkbar ist aber, dass die Lockdowns mit der Zeit unregelmässiger und sanfter werden. Bis im Frühjahr, wenn Xi Jinping definitiv für eine weitere Amtszeit als Präsident vereidigt sein wird, könnte somit eine Abkehr still und leise vollzogen sein.
Herausgegriffen: Halbleiterindustrie in Taiwan zentral
Ein zentrales Thema für den chinesischen Präsidenten Xi Jinping bleibt die Re-Integration Taiwans in das chinesische Reich. Dies hat er auf dem jüngsten Parteitag erneut bekräftigt. Für die westlichen Industriestaaten, insbesondere die USA, ist Taiwan aber enorm wichtig. Insbesondere die Halbleiterindustrie, welche dort über die letzten 25 Jahre aufgebaut wurde, ist von zentraler Bedeutung. Taiwan beherrscht im Bereich von High-end-Halbleitern rund 90% des Marktes. Zwar werden viele Halbleiter noch in den USA designt. Die Fertigung findet dann aber mehrheitlich in Taiwan und China statt. Eine Rückverlagerung der Industrie in die USA oder Europa ist enorm kostspielig und beansprucht Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Entsprechend werden die USA versuchen, den chinesischen Ansprüchen auf Taiwan soweit als möglich Einhalt zu gebieten.